Tolles Jubiläum im TSC Rot-Gold Sinsheim

    Vor 20 Jahren wurde die Rollstuhltanzgruppe Rhythm on Wheels von Piti Leßmann gegründet. Zunächst galt es, eine geeignete Halle zum Trainieren zu finden und die Presse über die Möglichkeit des Rollstuhltanzes im TSC Rot-Gold Sinsheim zu informieren. Maßgeblich beteiligt an der Gründung der Gruppe war der damaligen Vereinsvorsitzenden Hans Schramm, der die Gründungsaktivitäten aktiv unterstützte. Seit dieser Zeit wird die Gruppe von Piti Leßmann trainiert. Die meisten der Tänzerinnen sind schon viele Jahre dabei und das Tanzen der verschiedenen Choreographien scheint immer noch großen Spaß zu machen. Auch tritt die Gruppe gerne öffentlich auf und zeigt ihr Können – zuletzt auf der Bundesgartenschau in Heilbronn. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Jubiläum. Leider kann auf Grund von Corona derzeit dieses schöne Ereignis nicht gefeiert werden, was sehr schade ist.
    Anjoulih Pawelka von der Rhein-Neckar-Zeitung hatte vor einigen Wochen die Gruppe besucht und die Mitglieder interviewt. Folgender Artikel wurde am 18.11.20 in der RNZ veröffentlicht:

Waibstadt/Sinsheim

Seit 20 Jahren trainiert Petra Lessmann die Rollstuhl-Formation “Rhythm on wheels”

Große Herausforderung, die ihr viel Spaß bereitet – Mit Leidenschaft auf vier Rädern

Normalerweise, wenn keine „Lockdown“ ist, trainiert die Gruppe alle zwei Wochen. Momentan ist das allerdings nicht möglich.

Waibstadt/Sinsheim. Aus der Musikanlage dröhnt der Bass. Es ist Musik aus den Charts, die den Raum beschallt. Vor dem großen Spiegel, der die ganze Breite des Raumes einnimmt, haben sich Rollstuhlfahrer und Fußgänger positioniert. Ganz vorne steht Petra Lessmann. Die Waibstadterin leitet die Rollstuhltanz-Formation “Rhythm on wheels” seit 20 Jahren. “Jetzt kommen die Arme”, ruft Lessmann und macht die Bewegung vor. Ihr ganzer Körper ist in Spannung. Dass sie selbst erfolgreiche Tänzerin ist, ist kaum zu übersehen.

Schon in der Pubertät hat das Tanzen Lessmann fasziniert. Sie probiert sich aus, tanzt Standard und Latein, Hip Hop, Stepptanz aber auch Rock ’n’ Roll. “Ich habe eigentlich jeden Tag getanzt”, sagt sie. Nur klassisches Ballett, das ist nichts für sie. Auch weil ihre Mutter es gerne gesehen hätte, wenn Lessmann eine Ballettausbildung begonnen hätte. Stattdessen fängt sie mit Judo an, wohl auch, um zu rebellieren. Schon damals war sie ziemlich gut im Tanzen, doch die Titel blieben aus. “Man kann nur erfolgreich sein, wenn man gute Trainer hat”, erzählt sie. Doch dafür fehlte das Geld.

Also hat sie ihre Ausbildung als Physiotherapeutin an der Orthopädischen Klinik in Schlierbach begonnen und dadurch mit dem Tanzen aufgehört. Doch die Bewegung auf Musik fehlte ihr. Sportlich war sie aber weiterhin. Irgendwann hat Lessmann in der Ausbildung einen Kurs für Rollstuhlsportarten besucht. Dabei musste sie auch, im Rollstuhl sitzend, durch ihre Heimatstadt Heidelberg fahren. So kam ihr die Idee mit dem Rollstuhltanz, denn wenn man mit dem Gefährt Bordsteine hochfahren kann, könnte man ja auch tanzen, dachte Lessmann. Das war Mitte der 1980er-Jahre. Umgesetzt hat sie die Idee dann 2000 bei einem Schnupperworkshop des TSC Rot-Gold Sinsheim.

Rollstuhltanz sei eine ganz, ganz große Herausforderung. Da sie sich sowohl Schritte für die Fußis, wie die Fußgänger genannt werden, als auch für die Rollstuhlfahrer, die Rollis, ausdenken müsse. Dafür hat sie sich einen Rollstuhl besorgt. In den setzt sich Lessmann, um die Choreografie auszutüfteln. “Zu Hause muss mein Mann bei komplizierten Figuren auf dem Bürostuhl als Rolli herhalten”, sagt sie und erklärt, dass ihre Choreografien immer ein bestimmtes Thema haben, das sie auch mit der Musik aufgreift. “Beim lateinamerikanischen Paartanz können Rolli und Fußis aktiv werden, und der Rolli interpretiert mit Zug, Schub, Kippen, Drehen und Stop am Greifrad den Takt.” Dass sich die Rollstuhlfahrer von den Fußgängern über das Parkett schieben lassen, sei nicht Sinn der Sache.

“Immer weiter fahren oder gehen”, ruft Lessmann durch den Raum. Die Fußgänger machen Kreuzschritte, während die Rollis ihr Gefährt in Linien nach rechts und links bewegen und sich immer wieder dabei drehen.

Eine von ihnen ist Cigdem Karatas. Die 35-Jährige ist knapp zehn Jahre Teil des Teams. Dass sie schon so lange dabei ist, liegt auch daran, dass das gemeinsame Tanzen in einer gemischten Gruppe im Vordergrund steht und nicht die Behinderung. “Man kann beim Tanzen abschalten und frei sein.” Auch für Friederika Lehmann ist die Gemeinschaft ein entscheidender Punkt, warum sie seit mittlerweile 14 Jahren in der Formation tanzt. Als Fußgänger brauche man beim Rollstuhltanz viel Spannung in den Armen. Das würde sich vom normalen Paartanz unterscheiden. Und dann schwärmt sie ein wenig von den großen Auftritten, die die Gruppe nicht nur im Kraichgau hatte. So tanzten sie zum Beispiel schon auf der “Buga” in Heilbronn. “Das macht schon Gänsehaut”, sagt die 53-Jährige.

Eigentlich hätte das 20-jährige Bestehen groß gefeiert werden sollen, doch das geht nun nicht, wegen der Corona-Pandemie. “Der ,Lockdown’ ist, wie für alle Sportler, eine sehr schwierige Zeit, die Bewegung auf Musik fehlt”, sagt Lessmann, die noch so einiges mit der Gruppe erreichen möchte. “Mein Wunschziel ist die Aufführung eines Musicals mit einer Sinsheimer Schauspielgruppe, ein integrativer Großauftritt von Rollis, Fußis und Tänzern der Lebenshilfe Sinsheim.” Aber vor allem würde sie sich freuen, wenn noch ein paar Menschen mehr beim Rollstuhltanz mitmachen.

Melden kann man sich unter Telefon 07263  / 3358. In normalen Zeiten wird alle zwei Wochen donnerstags von 19 bis 21 Uhr beim Tanzsportclub Sinsheim trainiert.